In Novosibirsk kam ich mit
Kollegen aus anderen sibirischen Städten zusammen, eine bunte Gruppe Deutscher
verschiedensten Alters, die an Schulen, Sprachlernzentren oder wie ich an einer
Universität tätig sind. Wir trafen uns im deutschen Generalkonsulat. Gerade in
der heutigen Zeit, gerade in Zeiten politischer Spannungen ist Ihre Arbeit
besonders wichtig, meinte der Konsul zu uns, die Zusammenarbeit im kulturellen
Bereich muss weitergehen, noch stärker als zuvor. In kleiner interner Runde
wurde uns eingeschärft, mit Studenten keine aktuelle Politik zu besprechen.
Unterhaltet euch über die Vorzüge und Eigenheiten der deutschen Küche, die
Besonderheiten des Oktoberfestes oder die Geschichte der deutschen Demokratie
zur Zeit der Weimarer Republik – aber fangt nicht an, das russische
Parteiensystem kritisch zu beleuchten oder über die Rechtmäßigkeit des
Krim-Referendums zu diskutieren, hieß die Botschaft. Sonst kann es schnell
einmal passieren, dass der Rektor den jährlichen Arbeitsvertrag nicht
verlängert, wie neulich bei einem Kollegen geschehen.
Abends lud der Konsul zu einem
großen Empfang in ein nobles Hotel und hielt eine Rede anlässlich des 25-jährigen
Jahrestages der Deutschen Einheit, völlig frei und in hervorragendem Russisch.
Der Novosibirsker Bürgermeister und diverse andere Amtsträger traten auf,
gratulierten ihm, sprachen versöhnliche Worte und lobten – zu meinem nicht
geringen Erstaunen – die Bemühungen Deutschlands bei der Lösung der Syrienkrise
und des Ukrainekonfliktes.
Zum Frühstück habe ich heute einen
Döner gegessen. „Djoner“ gibt es hier unter dieser Bezeichnung noch nicht
lange. Statt einem Türken, der in gestresster Windeseile den Salat in die
Brottasche einwirft und dazu „Mit alles? - Kräuter-Knoblauch-Scharf?“ fragt,
hatte ich es mit einer gemütlichen Kirgisin zu tun, die sich für die
Zubereitung 10 Minuten Zeit ließ, nebenbei noch telefonierte und etwas
irritiert war, weil ich die vegetarische Variante wollte.
Nun sitze ich am Flughafen
Tolmatschovo, lese den hervorragenden Sibirien-Reisebericht des englischen
Schriftstellers Colin Thubron und warte auf die S7-Maschine zurück nach
Ulan-Ude. Ich bin gespannt, ob die Flugbegleiterin beim Austeilen des Essens
wieder meine Lieblingsfrage stellen wird: „Huhn oder Fleisch?“
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Hübsch: Kapelle zwischen den Fahrspuren einer Hauptstraße |
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Alt: Gebäude des Deutschen Konsulats in Novosibirsk |
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Neu: Döner-Container |