Samstag, 31. Dezember 2016

Sankt Petersburg

In Sankt Petersburg wohnen wir in einem kleinen, ausgesprochen gemütlichen Hostel namens „Podushka“ (deutsch „Kopfkissen“). Zu Zarenzeiten gehörten die Räume bestimmt zu einer großen Wohnung. In der Ecke unseres 4-Bett-Zimmers steht ein großer, weißer, nicht mehr genutzter Kamin. Es herrscht angenehme Ruhe, in den Gängen stehen Sofas mit Kissen, zum Frühstück gibt es ein kleines Buffet, Tee ist immer kostenlos. Vor dem Frühstück ordern wir leckeren frischen Kaffee für je 50 Rubel, und meine Mutter und Niso zeichnen auf ein Blatt Papier ihr Haus bzw. das Haus ihrer Eltern mit jeweils allem, was dazugehört: Hund, Katze, Fahrrad, Gemüsegarten, ein hoher Bretterzaun in dem einen, ein kleines transparentes Zäunchen in dem anderen Fall. Ich übersetze und erkläre und die beiden lernen sich ein wenig besser kennen – was im Alltag gar nicht so einfach ist mangels gemeinsamer Sprache.

Sankt Petersburg, das sind lange, breite, schnurgerade Straßen mit beeindruckenden hohen Fassaden von Wohnhäusern aus dem vorvorigen Jahrhundert. Um die U-Bahn zu benutzen, kauft man für 35 Rubel eine Metallmarke, die man in einen Schlitz wirft, um durchs Drehkreuz zu gelangen. Das Gedränge in der Petersburger Metro ist genauso verrückt wie in Moskau, die Bahntunnel noch deutlich tiefer, über 2 Minuten steht man an manchen Stationen auf der Rolltreppe. An einigen Stationen ist der Bahnsteig zu den Gleisen hin abgeschlossen; nach dem Halt des Zuges öffnen sich Türen, die sich genau auf Höhe der Metrotüren befinden – so wird garantiert niemand aufs Gleis geschubst.

Das Winterpalais, die Peter-und-Pauls-Festung, eine riesige Moschee, die Auferstehungskirche an der Stelle, wo Alexander II. im Jahre 1881 einem Anschlag zum Opfer fiel – für meine drei Begleiterinnen war es der erste Besuch in Russlands zweiter Hauptstadt. Niso flog einen Tag vor uns ab, um rechtzeitig zur Neujahresfeier wieder in Ulan-Ude zu sein. Während ich sie zum Flughafen begleitete, besuchten Mutter und Schwester die Bilderausstellung des Russischen Museums. Wie auch in der Tretjakov-Galerie ist die „Diskriminierung von Ausländern“ beim Eintritt inzwischen abgeschafft; es gilt ein einheitlicher Preis, für Russen allerdings mit Ermäßigungsmöglichkeiten.

Bei der gemeinsamen Hinfahrt ins Museum mit dem Taxi zahlten wir 205 Rubel. Ich instruierte  Mutter, für den Rückweg etwa dreihundert einzuplanen. Wie sie mir dann erzählte, wollte der Taxifahrer sich beim Einsteigen auf keinen Preis festlegen – und verlangte dann nach Ende der Fahrt zweitausenddreihundert.
Fünfhundert, sagte meine Mutter.
Tausend, meinte der Taxifahrer.
Fünfhundert. Mutter blieb hart.
Dann hole ich die Polizei, meinte der Taxifahrer.
Bitteschön, sagte meine Mutter unbeirrt.
Der Taxifahrer nahm den angebotenen 500-Rubel-Schein und warf die beiden Touristen, die sich so gar nicht übers Ohr hauen lassen wollten, fluchend aus seinem Auto.

Ein geschlossener Bahnsteig in der Petersburger U-Bahn (oben). Dachrinnen enden in Petersburg (wie auch in Moskau) einfach oberhalb des Bürgersteiges (unten)
Die Auferstehungskirche (oben). An der vereisten Neva vor der Ermitage (unten)