Mittwoch, 25. März 2020

Die wichtigste Frage: Wann?

 
Ab heute stellt die Burjatische Staatliche Universität auf Fernunterricht um. Alle Studenten bleiben zuhause und die Lehrkräfte sind angehalten, Aufgaben in ein Online-Portal einzustellen. Da Veranstaltungen mit über fünfzig Teilnehmern verboten sind, haben auch Opernhaus und Philharmonie geschlossen. Die Schulferien, die am Montag begonnen haben, wurden bis Mitte April verlängert. Da die Coronavirus-Welle in Russland wohl erst ganz am Anfang steht, ist zu vermuten, dass das Schuljahr bis zum Sommer gelaufen ist und die Bildungseinrichtungen nicht mehr öffnen werden. „Die wichtigste Frage: Wann? Burjatien erstarrt in Erwartung des Coronavirus“, titelte bereits Ende letzter Woche etwas reißerisch eine große Lokalzeitung. Bis jetzt sind aus der Baikalregion noch keine Fälle gemeldet, wohl aber aus anderen sibirischen Städten.
Auf der Post habe ich die ersten Umzugspakete nach Deutschland geschickt. Ein Zehn-Kilo-Paket per Luftpost kostet etwas über dreitausend Rubel. Im Zuge der Krise ist der Kurs zum Euro um über zehn Rubel auf etwa eins zu fünfundachtzig gefallen.
Eigentlich wollte ich mit den Pässen von Niso und Maja demnächst zum deutschen Konsulat nach Novosibirsk fliegen, um die Visa für die Übersiedlung hineinkleben zu lassen. Die Internet-Liste der genehmigten Visaanträge ist jedoch verschwunden mit einem Hinweis, von persönlichen Vorsprachen zurzeit abzusehen. Im Moment ist also gar nicht klar, wie die beiden ihr Visum für den für Anfang Juli geplanten Umzug nach Deutschland erhalten können.
Der deutsche Generalkonsul aus Novosibirsk wendet sich in einer Mail an seine Landsleute und fordert dazu auf, Ruhe zu bewahren und auf bewährte und seriöse Informationsquellen zu vertrauen. Ebenso versendet der deutsche Botschafter aus Moskau einen Rundbrief. „Unser Gastland Russland ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gemäß offizieller Statistiken von bestätigten COVID-19-Infektionen noch in geringerem Maße betroffen – allerdings in den letzten Tagen mit stark steigender Tendenz“, schreibt er. „Wir wissen, dass diese Herausforderung vorübergehen wird, aber wir wissen nicht, wie lange es noch dauern wird. Und wir wissen nicht, wie intensiv die Menschen wo betroffen sein werden.“
Kurz nachdem ich im Jahre 2015 nach Ulan-Ude zog, stand Deutschland im Zeichen der Flüchtlingskrise. Jetzt, fast fünf Jahre später, ist die geplante Rückkehr überschattet von der weltweiten Coronavirus-Pandemie.